1. Herstellungskosten versus Erhaltungsaufwand bei Gebäuden

Es macht für die aktuelle Steuerbelastung des Steuerpflichtigen einen erheblichen Unterschied, ob Aufwendungen bzw. Ausgaben sofort zu 100 % steuerlich geltend gemacht werden können oder über einen Zeitraum von 30 bis 50 Jahren verteilt werden müssen. Dieses Problem stellt sich z. B. dann, wenn Immobilen „renoviert“ werden. Erhaltungsaufwand, sowohl im betrieblichen Bereich als auch im Bereich privat gehaltener, vermieteter Immobilien, darf zu 100 % als Betriebsausgabe bzw. Werbungskosten geltend gemacht werden, während nachträgliche Herstellungskosten über die Nutzungsdauer zu verteilen. Wie unterscheidet man nun aber? Gemäß den Einkommensteuerrichtlinien (R 21.1 Abs. 1) sind Aufwendungen für die Erneuerung bereits vorhandener Teile, Einrichtungen oder Anlagen regelmäßig Erhaltungsaufwand. Dagegen zählen Aufwendungen, die für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seine ursprünglich hinausgehende wesentliche Verbesserung aufgewendet werden zu den Herstellungskosten. Diese Formulierung übernimmt das Steuerrecht aus § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB.Über ihren ursprünglichen Zustand hinaus wird eine Immobilie dann wesentlich verbessert, wenn durch die Sanierung eine wesentlich höhere Miete erzielt wird. Maßstab ist also die Verbesserung des Ertragswertes. Dies ist nachvollziehbar und in der Mehrzahl der Fälle auch gut von einer Sanierung, die als Reparatur anzusehen ist, zu unterscheiden. Unproblematisch war auch die Beurteilung von Kosten im Zusammenhang mit der Erweiterung vorhandener Immobilien. Immer dann, wenn z. B. zusätzlich Wohnraum geschaffen wurde, mussten Herstellungskosten angenommen werden. Soweit so gut.

Am 26. 11. 2009 (3 k 3807/04) sprach das Finanzgericht Hessen hierzu ein interessantes Urteil. Der strittige Sachverhalt bezog sich nicht auf die Erweiterung in der Substanz, sondern auf die Erweiterung von Nutzungsmöglichkeiten, also nur auf die Schaffung von Voraussetzungen. Und das ist neu. Nachträgliche Herstellungskosten liegen nach dem Urteil beispielsweise dann vor, wenn ein Flachdach durch ein Satteldach in der Weise ersetzt wird, dass dadurch erstmals ein für Wohnzwecke ausbaufähiges Dachgeschoß entsteht. Dasselbe gilt dann, wenn ein Satteldach durch ein Flachdach derart ersetzt wird, und dadurch ein weiteres Obergeschoß entsteht. Dabei ist es völlig unerheblich, ob der Steuerpflichtige bei der Durchführung der betreffenden Baumaßnahmen die Absicht hatte, etwas Neues im vorgenannten Sinn zu schaffen. Es ist also nicht erforderlich, dass das Dachgeschoß tatsächlich für Wohnzwecke ausgebaut wird. Es genügt bereits, dass nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse durch die Baumaßnahmen die Voraussetzung geschaffen wurde, neuen Wohnraum einzurichten. Die Steuerschuld entsteht nach § 38 AO – so das Gericht sobald die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind und zwar unabhängig von einem entsprechenden Verwirklichungswillen des Steuerpflichtigen.

Der Steuerpflichtige muss in diesem Fall seine gesamten Kosten als nachträgliche Herstellungskosten ansetzen. Diese werden im Gegensatz zu Betriebsausgaben bzw.

Werbungskosten mit dem Prozentsatz abgeschrieben, mit dem das Gebäude abgeschrieben wird, also statt 100 % nur zwischen 2,0 % und 3,0 %. Sollte der Steuerpflichtige tatsächlich mit der vollen Abzugsfähigkeit seiner Kosten gerechnet haben, würde dieses Urteil seine Kalkulation tüchtig durcheinander wirbeln.

2. Abschreibungen bei Gebäuden auf fremden Grund und Boden

Am 14. 04. 2010 wurde das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 25.02.2010 (IV R/2/07) veröffentlicht. Hierbei ging es um die steuerliche Berücksichtigung von Herstellungskosten eines Anbaues an ein Gebäude. Dieser Anbau befand sich allerdings auf fremdem Grund und Boden. Der Kläger hatte das Grundstück von Angehörigen gepachtet. Der Anbau gehörte ihm de jure also nicht. Die Herstellungskosten aktivierte er in seiner Bilanz als Rechnungsabgrenzungsposten, die er auf die Dauer des Pachtverhältnisses zeitanteilig verteilte. Das ließ die Veranlagungsstelle nicht zu und beurteilte die Baukosten als nachträgliche Herstellungskosten des Altgebäudes, welches bereits auf dem Grundstück vorhanden war.

Der daraus entstehende Streit gelangte nun vor den Bundesfinanzhof. Dieser entschied, dass es für die Behandlung der Herstellungskosten eines fremden Gebäudes ohne Bedeutung ist, ob die Nutzungsbefugnis des Steuerpflichtigen auf einem unentgeltlichen oder einem entgeltlichen Rechtsverhältnis beruht, ob dem Steuerpflichtigen zivilrechtliche Ersatzansprüche gegen den Eigentümer des Grundstücks zustehen oder er von vornherein auf solche Ansprüche verzichtet, d. h., die Übernahme der Herstellungskosten durch den Steuerpflichtigen stellen eine unentgeltliche Zuwendung an den Eigentümer des Grundstücks dar oder es ist Entgelt für die Nutzungsüberlassung des Grundstücks. All dies zählt nicht. Der BFH qualifizierte die aufgewendeten Kosten wie Herstellungskosten für ein fremdes Gebäude, welches bilanztechnisch „wie ein materielles Wirtschaftsgut“ zu aktivieren und nach den für Gebäude geltenden AfA-Regeln abzuschreiben ist. Damit darf der Kläger die von ihm aufgewendeten Herstellungskosten nicht über die – kurze -Dauer des Pachtvertrages abschreiben, sondern mit 3 % p.a.. Auch in diesem Fall ist die Steuerplanung gründlich zu korrigieren.

3. Bindung des Steuerpflichtigen an eine Einigung während der letzten, abgeschlossenen Betriebsprüfung

Wohl jeder, der in der Vergangenheit eine steuerliche Außenprüfung (BP) „erleiden“ musste, hat mit dem Betriebsprüfer bzw. dem zuständigen Finanzamt sogenannte „tatsächliche Verständigungen“ erzielt. Diese sind durchaus üblich und möglich, um bestimmte Sachverhalte, deren Klärung schwierig ist, möglichst zutreffend einvernehmlich festzulegen. In der Regel wird dies schriftlich festgehalten, kann aber auch formlos erfolgen. Wurde die tatsächliche Verständigung im BP-Bericht schriftlich festgehalten, so sollte sich der Steuerpflichtige für die kommenden Veranlagungszeiträume tunlichst an diese Vereinbarung halten. Ansonsten besteht die Gefahr, dass ein Abweichen des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten als Steuerverkürzung und damit im schlimmsten Fall als Steuerhinterziehung ausgelegt wird. Nun hat das Finanzgericht des Saarlands mit seinem Urteil vom 26. 01.2010 (I K 1178/07) interessanterweise einen Fall gegen den Steuerpflichtigen entschieden, in dem dieser nicht von einer Verständigung im Rahmen der Vor-BP abgewichen ist, sondern sich exakt daran gehalten hat.

Der alleinige Gesellschafter/Geschäftsführer einer Familien-GmbH hat ein Grundstück zu einem weit überhöhten Mietpreis, auf den man sich aber anlässlich der vorherigen Betriebsprüfung (Vor-BP) tatsächlich verständigt hatte, weiterhin verrechnet. Es war allerdings offensichtlich, dass diese Miete viel zu hoch geschätzt worden war. Deshalb hat, so der BFH, die Einigung über die angemessene Miethöhe im Zuge der Vor-BP keine Bindungswirkung für die nachfolgenden Veranlagungszeiträume. Das sich hieraus verdeckte Gewinnausschüttungen für den klagenden Steuerpflichtigen ergaben, war die logische Folge. Dies ist jedoch nicht der Grund, weshalb ist dieses Urteil aufgreife.

Nach meiner Beurteilung bietet sich hier eine Möglichkeit, Abweichungen von Einigungen mit der Vor-BP auch in umgekehrter Richtung zu begründen. Die Finanzverwaltung wird sich nämlich u. U. vorhalten lassen müssen, dass derartige Einigungen keinen Bestand haben, wenn Umstände eintreten oder bekannt werden, die das Finanzamt zum Erlass eines Änderungsbescheides nach § 173 AO berechtigen würden. Dann muss es auch dem Steuerpflichtigen gestattet sein, zu seinen Gunsten von den Vereinbarungen mit der Vor-BP abzuweichen. Aufgabe des Steuerpflichtigen bzw. seines Beraters wird es sein, die „neuen Tatsachen“ zu formulieren, um dem bösen Vorwurf der Steuerverkürzung entgegen zu wirken oder die eigenen Vorstellungen durchzusetzen.