1. Steuerliche Billigkeitsmaßnahmen der Finanzämter, die die wirtschaftliche Notsituation von Unternehmen und Selbständigen berücksichtigen
In seiner manchmal etwas unorthodoxen Art hat der Bundesfinanzminister Peer Steinbrück in einem Brief an die Finanzminister der Länder darum gebeten, in Krisenzeiten kulanter gegenüber Unternehmen und Selbständigen zu sein. Was er damit genau meint, hat er nicht gesagt.
Aufgrund einer allgemeinen Krise ergeben sich für Unternehmen keine Ansprüche auf Steuerentlastungen. Die allgemein geltenden Billigkeitsmaßnahmen bei der Festsetzung oder Erhebung von Steuern sind auch jetzt gültig. Dies sind beispielsweise Stundung, Erlass, die abweichenden Festsetzung oder der Vollstreckungsaufschub. Die dafür erforderlichen Anträge sind bei den zuständigen Finanzämtern zu stellen. Es mag nun sein, dass die Finanzämter bei ihren Ermessensentscheidungen die Folgen der Finanzkrise besonders berücksichtigen. Darüber hinaus ist es selbstverständlich jedem Unternehmen, welches aufgrund der schlechten konjunkturellen Lage einen Ergebnisrückgang erkennt, gestattet, beim Finanzamt einen Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen zur Einkommensteuer, Gewerbesteuer und ggf. Körperschaftsteuer zu stellen. Dadurch kann u. U. das Entstehen von Steuerschulden verhindert werden.
Allerdings hat der Gesetzgeber zwei Regelungen des Unternehmensteuerreformgesetzes aus 2008 modifiziert, die besonders in der gegenwärtigen Krise kontraproduktiv wirken. Im Rahmen des sogenannten Bürgerentlastungsgesetzes wurden sie am 19.06.2009 vom Deutschen Bundestag in 2. und 3. Lesung gebilligt.
Die beiden angesprochenen Regelungen sind ein zeitlich befristetes Sanierungsprivileg für Unternehmenskäufe sowie eine Lockerung der Zinsschranke. Die Freigrenze, bis zu der geleistete Schuldzinsen abzugsfähig sind, wurde von € 1,0 Mio. auf € 3,0 Mio. angehoben. Beide Regeln führen im Ergebnis dazu, dass substanzbesteuernde Elemente der Ertragsteuer reduziert werden.
Insbesondere das Sanierungsprivileg hilft im Konjunkturabschwung. Ziel der Neuregelung in § 8c Abs. 1 a KStG ist, die krisenverschärfende Wirkung der Verlustvernichtungsregelung für Sanierungsfälle zu vermeiden. Die bisherige Regel hat die Suche nach sanierungswilligen Investoren ganz wesentlich erschwert. Erfolgte innerhalb von 5 Jahren mittelbar oder unmittelbar eine Anteils-oder Stimmrechtsübertragung von mehr als 25 % bis 50 %, waren die nicht genutzten Verluste entsprechend der erworbenen Anteile quotal nicht mehr abziebar. Bei einem Erwerb von 50 % und mehr gingen die Verluste vollständig verloren. Es ist nicht schwer sich vorzustellen, dass durch diese Konstellation in der Vergangenheit mancher Unternehmenskauf unterblieb.
Die jetzt beschlossene neue Regelung gilt für schädliche Erwerbe in den Jahren 2008 und 2009 und lässt unter bestimmten Bedingungen, insbesondere der Sanierungsfähigkeit und Sanierungsbedürftigkeit, die Nutzung von Verlustvorträgen zu. Es kommt auch die rückwirkende Wiederherstellung solcher Verlustvorträge in Betracht, die bereits vor der Einführung der neuen Sanierungsklausel untergegangen waren. Dies eröffnet in vielen Fällen die steuerwirksame Verrechnung von Verlusten und damit die Chance, eine Sanierung erfolgreich durchzuführen. Ohne auf die Einzelheiten einzugehen, möchte ich darauf verweisen, dass sich aufgrund dieser Neuregelung eine nicht unwesentliche Möglichkeit eröffnet, verloren geglaubte Verlustvorträge steuerlich geltend zu machen. Bitte sprechen Sie dringend mit Ihrem Steuerberater über die Neuregelungen und klären Sie, ob diese Ihr Unternehmen betreffen.
2. Steuerliche Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für ein Erststudium
Der Bund der Steuerzahler Deutschland e.V. hat in seiner Pressemitteilung vom 2.7.2009 auf eine erfreuliche Entscheidung des BFH vom selben Tag hingewiesen. In dem vom Bund der Steuerzahler unterstützten Musterverfahren zu den Erststudienkosten (Az.: IV R 14/07) hob der BFH die Entscheidung des niedersächsischen Finanzgerichts auf. Grundlage der Entscheidung war, dass ein Steuerzahler nach abgeschlossener Berufsausbildung ein Studium aufgenommen hatte, für das er erhebliche Kosten als Werbungskosten geltend machte. Das Finanzamt hatte diese Aufwendungen nur mit € 4.000,00 als Sonderausgaben im Sinne von § 10 Abs. Nr. 7 EStG anerkannt und in dieser Frage von dem Finanzgericht Zustimmung erhalten. Der BFH folgte der Auffassung jedoch nicht. Warum der BFH das Urteil des Finanzgerichtes kassierte, ist mir nicht klar. Die Urteils-gründe liegen z.Z. noch nicht in schriftlicher Form vor. Trotzdem dürfte die Entscheidung für viele Steuerzahler ein positives Signal setzen. Sollten Sie oder jemand aus Ihrem Bekanntenkreis davon betroffen sein, können Sie sich auf diese Entscheidung des BFH berufen und um Aussetzung der Vollziehung bitten. Möglicherweise erhalten Sie sich damit die Chance, dass Ihre Kinder die Kosten des Erststudiums komplett steuerlich geltend machen können. Vorausgesetzt natürlich, dass die Studierenden selbst über ein entsprechendes Einkommen verfügen.