Darf ein Verlustabzug versagt werden?

1. Darf ein Verlustabzug versagt werden?

Immer wieder versuchte der Gesetzgeber die Verlustverrechnung auf der Ebene der Kapitalgesellschaft
ganz oder teilweise zu verhindern, wenn auf der Ebene der Gesellschafter Veränderungen
eintraten. Das ist verständlich, wenn man einmal folgenden Extremfall betrachtet,
bei dem die Kapitalgesellschaft einen Verlust in Höhe des Stammkapitals ausweist, so dass
sich die Bilanzsumme dieser Kapitalgesellschaft auf 0,00 EURO reduziert. Nun werden alle
Anteile verkauft. Der Käufer beabsichtigt, über seine „neue“ GmbH ertragreiche Geschäfte
abzuwickeln und die neu entstehenden Gewinne mit den Altverlusten zu verrechnen. Der
Wert der Anteile ließe sich in diesem Fall an der Ertragsteuerersparnis festmachen. Die beträgt
derzeit rund 30 % der verrechenbaren Verluste. Den hier geschilderten Fall nennt man „Mantelkauf“.
Man ist natürlich geneigt festzustellen, dass das nicht gerecht sein kann, weil die Leistungsfähigkeit
der „Alt-Kapitalgesellschaft“ nichts mit der Leistungsfähigkeit der „Neu- Kapitalgesellschaft“
zu tun hat. Die gleichmäßige Besteuerung aller Steuerpflichtigen nach ihrer Leistungsfähigkeit
ist aber verfassungsrechtlich geschützt. Dazu gehört grundsätzlich auch die
Verrechnung von Verlusten über Periodengrenzen hinweg. Das BVerfG bezeichnet dies den
Grundsatz des abschnittsübergreifenden Nettoprinzips.

An diesem Grundsatz muss sich auch der Gesetzgeber orientieren, wenn er den Missbrauch
der Verlustverrechnungsmöglichkeit durch einen Mantelkauf verhindern will. Der derzeit im
§ 8c KStG geregelte Verlustabzug bei Körperschaften hat schon eine schon beachtliche Geschichte.
Die Regelungen dazu waren in der Vergangenheit allerdings höchst unterschiedlich.
Diese darzustellen, erübrigt sich an dieser Stelle. Derzeit gilt die Regel, dass die Verlustübernahme
vermindert bzw. ganz ausgeschlossen wird, wenn mehr als 25 % bzw. mehr als 50 %
der Anteile veräußert werden.

Das allerdings hält das Finanzgericht Hamburg für nicht verfassungsgemäß. Mit dem Beschluss
vom 4.4.2011 – 2 K 33/10 „ist der Senat der Überzeugung, dass § 8c S. 1 KStG insoweit
gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstößt, als bei der unmittelbaren
Übertragung von mehr als 25 % des gezeichneten Kapitals einer Körperschaft an einen Erwerber
insoweit die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen
negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) nicht mehr abziehbar sind“. Diese
Überzeugung wurde ausführlich begründet, hat aber noch keine direkten Auswirkungen. Die
Befugnis, eine Regel für verfassungswidrig zu erklären, hat nur das BVerfG. Deshalb hat das
FG die Prüfung des § 8c KStG diesem Gericht vorgelegt.

Für jeden, dem der § 8c KStG einen Verlustabzug versagt, bietet sich mit dieser Vorlage die
Chance, eine Verlustverrechnung durchzusetzen, sofern im konkreten Fall noch keine Bestandskraft
eingetreten ist. Sprechen Sie gegebenenfalls mit Ihrem Steuerberater.

2. Die bösen Fallen der Umkehr der Steuerschuldnerschaft (§ 13 b UStG)

Derzeit häufen sich bei mir Anfragen zur umsatzsteuerlichen Beurteilung von Sachverhalten,
auf die die Umkehr der Steuerschuldnerschaft (Reverse Charge) gemäß § 13 b UStG anzuwenden
ist. Der Anwendungsbereich dieses Verfahrens wird zunehmend vom Gesetzgeber
ausgedehnt. Immer wieder, wenn ich um „Reparatur“ gebeten werde, überrascht es mich, wie
viele Unternehmen dies gemeinsam mit ihrem Steuerberater nicht beachten. Deshalb möchte
ich die Thematik an dieser Stelle aufgreifen und das Problem kurz skizzieren:
Im Grunde ist das Netto – Allphasen Umsatzsteuersystem mit Vorsteuerabzug recht simpel.
Erbringt ein Unternehmer eine steuerbare und steuerpflichtige Lieferung oder Leistung, so
schuldet er dem Fiskus die darauf entfallende Umsatzsteuer. Der die Leistung empfangende
Unternehmer, also ein anderer Steuerpflichtiger, kann diese Umsatzsteuer grundsätzlich als
Vorsteuer vom Finanzamt zurückerstattet bekommen. Innerhalb der Unternehmerkette bleibt
die Umsatzsteuer also völlig belastungsneutral. So weit, so gut.
Das ändert sich dann, wenn der Leistungserbringer seine Umsatzsteuerschuld gegenüber dem
Fiskus nicht begleicht und der Leistungsempfänger die Vorsteuer zieht. Dann hat der Fiskus
einen Schaden in Höhe der nicht abgeführten Umsatzsteuer. Nicht selten geschieht das in Absprache
mit dem Leistungsempfänger. Hierbei handelt es sich um Umsatzsteuerbetrug, der
sich z.B. in Form des sogenannten Umsatzsteuerkarussells realisiert. Ein solcher Betrug soll
in besonders betrugsanfälligen Konstellationen dadurch verhindert werden, dass der Leistungsempfänger,
abweichend vom Normalfall, die Umsatzsteuerschuld des Leistenden begleicht.
Da dann Steuerschuld und Vorsteuerabzug beim selben Unternehmer anfallen, ist ein
Betrug ausgeschossen.

Diese besonderen Konstellationen sind im § 13 b UStG aufgeführt. Dazu zählen z.B. Werklieferungen
oder sonstige Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmens, Bauleistungen
an einen Bauunternehmer, Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, Lieferung
von Gas, Elektrizität, Wärme oder Kälte durch im Ausland ansässige Unternehmer,
Übertragungen von Emissionszertifikaten, Lieferungen von Industrieschrott, Altmetallen und
sonstigen Abfallstoffen, Reinigung von Gebäuden u.s.w.
In all diesen Fällen schreibt der Leistende eine Rechung ohne Umsatzsteuer und der Empfänger
der Leistung meldet die auf ihn überwälzte Steuerschuld bei seinem Finanzamt an (USt-
Voranmeldung Zeile 50). Gleichzeitig kann er hieraus den Vorsteuerabzug geltend machen
(USt- Voranmeldung Zeile 58). Eine Zahllast entsteht dann nicht, ein Schaden ebenfalls nicht.
Wenn den beteiligten Unternehmern aber nicht bewusst ist, dass sie eine Leistung im Sinne
von § 13 b UStG erbringen bzw. erhalten, wird es bei der nächsten Betriebsprüfung des Leistungsempfängers
ein furchtbares Erwachen geben. Der Prüfer wird die nach § 13b geschuldete
Umsatzsteuer fordern. Als Ausweg bietet sich die Rechungskorrektur an, die der leistende
Unternehmer auf Bitten des Leistungsempfängers hoffentlich durchführt. Das ist zwar mühsam,
aber der leistende Unternehmer erhält die von ihm abgeführte Umsatzsteuer vom Finanzamt
zurück und kann sie dann an den Leistungsempfänger weiterleiten. Der kann dann
seine Umsatzsteuerschuld gem. § 13 b UStG begleichen. Das kann ggf. durch direkte Abtretung
an das Finanzamt des Leistungsempfängers geschehen. Die 6%ige Verzinsung der zu
spät abgeführten Umsatzsteuerschuld des Leistungsempfängers wird auf jeden Fall fällig, es
sei denn, das Finanzamt gewährt auf Antrag einen Erlass.
Wenn der ehemals leistende Unternehmer jedoch nicht mehr existiert oder im Ausland verschwunden
ist, entfällt die Möglichkeit der oben dargestellten Rechnungsberichtigung. In
diesen Fällen muss der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer zuzüglich Zinsen aus seinem
Vermögen leisten. Das kann unter Umständen in die Zahlungsunfähigkeit führen.
Um eine solche furchtbare Falle zu vermeiden, sollten Sie bereits beim geringsten Zweifel
darüber, ob es sich bei einer Lieferung oder Leistung um einen §13 b Fall handelt, so fakturieren,
als wäre es ein § 13 b Fall. Gemäß UStAE 13b.1. Tz 23 wird dies in den dort bezeichneten
Fällen von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, selbst wenn sich herausstellen sollte,
dass der Sachverhalt der Umkehr der Steuerschuldnerschaft nicht gegeben ist.
Zumindest aber sollten Sie im Zweifel Ihren Steuerberater diesbezüglich ansprechen. Wenn
die Angelegenheit dennoch „schief läuft“, tritt im Zweifel die Versicherung des Beraters für
den Ihnen entstandenen Schaden ein.