Frohe Botschaften aus dem Bundesfinanzministerium
Nun ist die Katze aus dem Sack. Der Bundesfinanzminister hat rechtzeitig zu Weihnachten sein Konzept der Steuerreform 2000 vorgestellt. Die ersten Reaktionen aus dem Bereich der Berufskritiker waren durchaus wohlmeinend. Sogar Hans-Olaf Henkel, der als sehr zuverlässiger Künder aller Sorgen der Industrie gilt, erkennt an, dass unser Finanzminister mit diesem Konzept auf dem richtigen Weg sei. Und in der Tat sind positive Aspekte erkennbar. Dies gilt nicht nur für die ab 2001 in Aussicht gestellte körperschaftsteuerliche Freistellung von Gewinnen aus der Veräusserung von Anteilen an anderen Unternehmen. Hieraus lassen sich auch ohne Phantasie riesige Potenziale unversteuert zu realisierender stiller Reserven vermuten. Die wahren Nutzniesser dieser Regelung werden allerdings insbesondere Grossunternehmen, Banken und Versicherungen sein. Nicht abzuführenden Steuern werden Umstrukturierungen von Unternehmen fördern, ausschüttungsfähige Gewinne vermehren und in deren Folge Aktienkurse steigen lassen. Dass die Börse bekanntermassen derartige Erwartungen eskomptiert, konnten wir bis zum Neujahrstag miterleben. Gleichzeitig sollen sich die Einkommensteuersätze wie folgt andern: – Vorziehen der Tarifänderung von 2002 auf 2001 Anheben des Grundfreibetrages von DM 13.499 auf DM 14.093 Absenken des Eingangsteuersatzes von 22,9 % auf 19,9 % Absenken des Höchststeuersatzes von 51 % auf 48,5 % – Einkommensteuertarif 2003 Grundfreibetrag DM 14.525 Eingangsteuersatz 17 % Höchststeuersatz 47 % – Einkommensteuertarif 2005 Grundfreibetrag DM 15. 011 Eingangsteuersatz 15 % Höchststeuersatz 45 % Kern der Steuerreform 2000 ist jedoch die neue Unternehmensbesteuerung, deren Eckpunkte sich wie folgt skizzieren lassen: -> Kapitalgesellschaften versteuern danach künftig ihre Gewinne, unabhängig ob sie ausgeschüttet oder thesauriert werden, mit 25 % Körperschaftsteuer zuzüglich der Gewerbeertragsteuer. Die Körperschaftsteuer ist als Definitivbesteuerung ausgestattet, d. h., es erfolgt im Zuge von Ausschüttungen keine Anrechnung der Körperschaftsteuer auf der Gesellschafterebene. -> Die Gesellschafter versteuern dann 50 % des ausgeschütteten Gewinnes (Halbeinkünfte-verfahren) nach Abzug des Sparerfreibetrages mit einem Steuersatz, der unter dem sogenannten Progressionsvorbehalt steht. Das heisst, es wird der Steuersatz angewendet, der sich ergeben würde, wenn nicht nur die Hälfte des ausgeschütteten Gewinns versteuert werden müsste. -> Personengesellschaften und Einzelfirmen sollen für eine Besteuerung nach den Regeln für Kapitalgesellschaften optieren dürfen oder ihre Einkommensteuer in Höhe des doppelten Gewerbesteuermessbetrages kürzen können. So führt dann z.B. in Leipzig ein Gewerbesteuermessbetrag von 5000 zu einer Gewerbesteuer von DM 22.500 und zu einer Einkommensteuerkürzung von DM 10.000. Bei allen positiven Aspekten müssen wir konstatieren, dass die Brühler Empfehlungen hinsichtlich der Gesamtsteuerbelastung von 35 % nicht realisiert wurden. Einschließlich der Gewerbesteuerbelastung, die je nach Hebesatz unterschiedlich ist, liegt sie nunmehr bei ca. 37-39%. Dass es auch beim Halbeinkünfteverfahren nicht nur Gewinner, sondern auch Verlierer gibt, verdeutlicht das Beispiel in der Zeitschrift Wirtschaft Nr. 1-2/2000 auf der Seite 24. Es wird deutlich, dass der sogenannte Besserverdiener unseres Beispiels mit DM 1.765 eine höhere Einkommensteuerbelastung durch das Halbeinkünfteverfahren erfährt. Die Gesamtbelastung mit Einkommen- und Körperschaftsteuer liegt nach neuer Ermittlung mit DM 4.265 jedoch um DM 442 niedriger als unter Berücksichtigung des Anrechnungsverfahrens. Nachteilig wirkt sich das Halbeinkünfteverfahren für die sog. Geringverdiener des Beispiels aus. Da in diesen Fällen die persönliche Steuerlast unter derjenigen liegt, die die Kapitalgesellschaft für den Gesellschafter vorgestreckt hat, führt die künftig nicht mehr zulässige Anrechnung der Körperschaftsteuer zu einer Verschlechterung des Status Q. Die Grenze läge im Jahr 2000 bei ca. DM 75.000 (ledig) bzw. DM 150.000 (verheiratet) zu versteuerndes Einkommen. Nicht ganz unproblematisch dürfte sich auch für Personenunternehmen die Qual der Wahl zur Option für die Besteuerung nach den Regeln einer Kapitalgesellschaft oder zur Anrechnung von Gewerbesteuer in der Praxis darstellen. Wann wird durch die Option unter Ausserachtlassung der Anrechnung von anteiliger Gewerbesteuer eine günstigere Besteuerung realisiert? Bei einem niedrigen Steuersatz wirkt die Option steuererhöhend. Was tun? Die realistische Beantwortung der Frage ist deshalb wichtig, weil die Rückkehr zur Einkommensteuer wie eine Totalausschüttung der offenen Reserven wirkt. Das Thema Steuerplanung wird deshalb erheblich an Gewicht gewinnen. von : Prof. Dr. rer.pol. Johannes Ditges, Professor für betriebswirtschaftliche Steuerlehre an der HTWK Leipzig, Wirtschaftprüfer und Steuerberater, Vorsitzender des Finanz- und Steuerausschusses der IHK Leipzig