Neue Regelungen des Steuergesetzgebers

1. Neue Regelungen des Steuergesetzgebers
Inzwischen haben sich die gesetzgebenden Instanzen nach zähem Ringen auf das Steuervereinfachungsgesetz 2011 geeinigt. Wer gehofft hatte, dass unser Steuersystem einfacher würde, muss enttäuscht sein. Natürlich verdienen die Beschlüsse nicht den Namen, den das Gesetz bekommen hat. Aber einige Splitter sind zu finden. -So wird, und das bereits für 2011, der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von € 920 um sagenhafte € 80 auf insgesamt € 1000 pro Jahr angehoben. Die Vereinfachung besteht darin, dass nun € 1000 Werbungskosten durch den Arbeitnehmer nicht mehr durch die Vorlage von Belegen nachgewiesen werden müssen.
-Gebühren für eine verbindliche Auskunft mit einem Gegenstandswert von bis zu € 10.000 wird es nicht mehr geben. Das gilt auch dann, wenn eine Zeitgebühr zugrunde zu legen ist, die Bearbeitungszeit aber weniger als 2 Stunden beträgt. Ein solcher Fall ist mir in meiner 40-jährigen Praxis allerdings noch nicht bekannt geworden. Immerhin erteilt die Finanzverwaltung auf Antrag im Vorhinein unter bestimmten Voraussetzungen eine verbindliche Auskunft zur steuerlichen Beurteilung eines Sachverhaltes. Im Veranlagungsverfahren ist das Finanzamt dann an diese Beurteilung gebunden (§ 89 Abs. 2 AO). Unter 2 Stunden wird die Finanzverwaltung wohl nicht häufig zu einem Resultat kommen.

-Rückwirkend ab dem 1. 7. 2011 werden elektronische Rechnungen und Papierrechnung finanztechnisch gleichgestellt. Dabei müssen die Echtheit der Rechnung, die Unversehrtheit des Inhaltes und die Lesbarkeit gewährleistet sein. Die bisher für umsatzsteuerliche Zwecke nötige sogenannte qualifizierte Signatur der Rechnung ist nicht mehr erforderlich. Der Unternehmer hat allerdings sicherzustellen, dass ein verlässlicher Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung existiert.
Am 27. 10. 2011 hat der Bundestag darüber hinaus das Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz beschlossen. Auch hier hält das Gesetz nicht, was der Titel befürchten lässt.
Unter anderem stellte der Gesetzgeber mit ungeahnter Eile fest, dass Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für sein Erststudium keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind. Wie fast durchgängig in der Tagespresse nachzulesen war, ließ der Bundesfinanzhof mit seinen 2 Urteilen vom 28. 7. 2011 (VI R 7/10 und VI R 38/10) den Werbungskostenabzug für die erstmalige Berufsausbildung eines Piloten zu und ebenfalls, das ist besonders erstaunlich, für die Aufwendungen eines Medizinstudiums, welches im Anschluss an das Abitur durchgeführt worden war. Der Pilot wurde nicht von seinem Arbeitgeber im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausgebildet, sondern bei einer Tochtergesellschaft seines späteren Arbeitgebers. Das im Anschluss an das Abitur durchgeführte Medizinstudium war ein klassisches Erststudium i.S.v. § 12 EStG. Man sollte meinen, dass die Fälle klar sind – also zu Sonderausgaben führen. Ich habe hier nicht den Platz, die beiden Urteile eingehend zu kommentieren. Im Ergebnis musste sich der Gesetzgeber aber vom BFH vorhalten lassen, seinen Gesetzestext nicht ausreichend genau formuliert zu haben. In beiden Fällen konnten die Kläger begründen, dass es einen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen zur Ausbildung und der nachfolgenden Berufstätigkeit und den daraus erzielten Einkünften gab. So werden aber keine Sonderausgaben, sondern Werbungskosten definiert. Genau zu diesem Ergebnis kommt auch der BFH. Ob die nun erfolgte Klarstellung im Beitreibungsrichtlinie-Gesetz geeignet ist, die Auffassung der BFH-Richter zu widerlegen, kann ich heute nicht abschließend beurteilen. Da die gesetzliche Klarstellung rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2004 gelten soll, werden nur noch sehr mutige Studenten versuchen, ihre Studienkosten als Werbungskosten steuerlich geltend zu machen. Als Trostpflaster wird für die Studenten die bisherige Höchstgrenze des Sonderausgabenabzugs nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG an 2012 von € 4.000 auf € 6.000 angehoben. So richtig hilft das in den meisten Fällen aber nicht weiter.

2. Verlustabzugsregel nach § 8 c KStG bei Anteilseignerwechsel verfassungskonform
§ 8 c KStG beschäftigte wieder einmal die Rechtsprechung. In der „Wirtschaft“ 10/2011 hatte ich davon berichtet, dass das Finanzgericht (FG) Münster ernstliche Zweifel an der Auffassung der Europäischen Kommission hegt, nach der die Sanierungsklausel des § 8 c KStG eine unvereinbare Beihilfe darstellt. Das Thema ist noch nicht höchstrichterlich entschieden. Wir dürfen gespannt sein, was der BFH dazu sagt. Beim Urteil des FG Münster handelt es sich also um die Zulässigkeit einer Ausnahme vom Grundsatz des § 8 c KStG.
Jetzt stand der Grundsatz des § 8 c KStG zur Entscheidung an. Am 16. 3. 2011 hat das Sächsische FG entschieden (2 K 1869/10), dass es nicht gegen die Verfassung verstösst, wenn bei einer Übertragung von mehr als 50 % der Anteile einer Kapitalgesellschaft die zum Zeitpunkt der schädlichen Beteiligungsübertragung vorhandenen, nicht ausgeglichenen Verluste vollständig nicht mehr abziehbar sind. Dass soll auch dann gelten, wenn weniger als 100 % der Anteile übertragen werden – dies auch dann, wenn es nicht um einen Mantelkauf geht, sondern wenn eine „aktive“ Kapitalgesellschaft, die nach dem Gesellschafterwechsel ihren Geschäftsbetrieb unverändert fortführt. Die Revision ist zugelassen, wohl auch, weil der 2. Senat des FG Hamburg eine Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt hat, ob § 8 c Satz 1 KStG mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes insoweit vereinbar ist, als bei der Übertragung von mehr als 25 % der Anteile nicht genutzte Verluste ganz oder zum Teil nicht mehr abziehbar sind (FG Hamburg, Beschluss v. 4.4.2011-2 K 33/10). Genau das bezweifelt das FG Hamburg. Damit steht natürlich § 8 c KStG insgesamt auf dem Prüfstand. Einen Rückfall in den florierenden Handel mit GmbH-Verlustmänteln, wie es ihn in den 90iger Jahren gab, wird es aber wohl hoffentlich nicht wieder geben. Sollten Sie mit § 8 c KStG ein Problem haben, lohnt es sich, die beschriebenen Urteile genau zu studieren oder mit dem steuerlichen Berater zu besprechen.

3. Ebay-Handel als unternehmerische Tätigkeit
Das FG Niedersachsen hat mit seinem Urteil v. 16. 9. 2010 – 16 K 315/09 zur Umsatzsteuerbarkeit eines Ebay-Handels Stellung bezogen. Man muss wissen, dass die Unternehmereigenschaft nach dem Umsatzsteuergesetz wesentlich schneller erreicht wird als im Einkommensteuergesetz. Die Umsatzsteuer verlangt gem. § 2 Abs. 1 UStG eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt. Das heißt nicht, dass Veräußerungen aus dem Privatvermögen, auch wenn diese viele Positionen mit hohem Wert darstellen, umsatzsteuerpflichtig würden. Es ist erforderlich, dass An-und Verkäufe planmäßig mit auf Güterumschläge gerichteter Absicht getätigt werden. Dabei ist es völlig unerheblich, ob dies auf einem realen oder einem virtuellen Marktplatz passiert. Im Urteilsfall wurden nach den Aufzeichnungen von Ebay im Jahr 2005 insgesamt 200, in 2006 211 und in 2007 88 Verkäufe getätigt. In allen Jahren wurde die für Kleinunternehmer geltende Umsatzgrenze von € 17.500 p.a. überschritten, was zwangsläufig zu einer Umsatzsteuerfestsetzung führte. Das Urteil ist rechtskräftig. Der Sachverhalt wurde übrigens durch eine Kontrollmitteilung dem Finanzamt des Ebay-Händlers bekannt. Bitte denken Sie also immer daran, dass auch virtuelle Räume den ganz normalen Besteuerungsregeln unterliegen und nicht vor Entdeckung geschützt sind.