Onlineplattformen & Werbungskosten bei Erstattungszinsen
1. Betreiber von Onlineplattformen sollen für Umsatzsteuerausfall haften
Haben Händler aus dem EU-Ausland die Lieferschwelle nach Deutschland überschritten, so müssen sie sich in Deutschland umsatzsteuerlich registrieren und deutsche Umsatzsteuer in Rechnung stellen, wenn sie weiter an Privatkunden liefern.
Händler aus dem Drittland haben ggf. Einfuhrumsatzsteuer und Zölle zu entrichten.
Auf Onlineplattformen werden Güter von vielen tausend Händlern vermittelt oder gehandelt. Kommen die Händler aus dem Ausland, entgeht dem deutschen Fiskus oft die Umsatzsteuer. EU-weit gibt es ein ungelöstes steuerliches Problem: bei Lieferungen aus oder in das Ausland an Privatpersonen gibt es im europäischen Umsatzsteuersystem keinen Mechanismus, diese Warenströme zu kontrollieren.
Mit dem Jahressteuergesetz 2018 plant die Bundesregierung, die Betreiber der Onlineplattformen für die Steuerausfälle in Haftung zu nehmen.
Das Bundeskabinett hat die Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs beim Handel mit Waren im Internet beschlossen. Die Rechtsgrundlagen sollen im Jahressteuergesetz 2018 eingehen und somit ab 01.01.2019 gelten.
Die Plattformbetreiber sollen die steuerlichen Daten der Händler erheben und dem Fiskus auf Anfrage zur Verfügung stellen. Der Betreiber kann aus unserer Sicht zwei Fehler begehen:
a) Die Daten werden nicht oder nicht vollständig erhoben.
b) Die falschen Daten werden erhoben. Dies wird bei Händlern mit kriminellem Vorsatz, die die Plattform nutzen, grundsätzlich eintreten.
Der Gesetzesentwurf könnte weitreichende Konsequenzen im Handel haben. Es bleibt abzuwarten, wie weit das Gesetz auch auf andere Bereiche ausgeweitet wird und somit Händler, für durch Zulieferer verursachte Umsatzsteuerausfälle, zur Verantwortung gezogen werden.
2. Werbungskostenabzug bei Erstattungszinsen durch BFH bestätigt
Zinsen aus Einkommensteuererstattungen sind im Jahr des Zuflusses zu versteuern. Werbungskosten, die in diesem Zusammenhang anfielen, waren bisher ausgeschlossen.
Grundsätzlich gehören Einkommensteuernachzahlungen zu den Ausgaben der privaten Lebensführung. Deshalb sind weder diese Steuerzahlungen noch die Schuldzinsen, wenn sie damit im Zusammenhang stehen, abzugsfähig.
Beantragt man die Aussetzung der Vollziehung nicht im Rechtsbehelfsverfahren, ist man zur Zahlung der Steuerschulden verpflichtet. Soweit die Einkommensteuer zugunsten von Steuerpflichtigen später geändert wird, sind die Zahlungen nach Ansicht des BFH aufgrund des rechtswidrigen Bescheides als eine erzwungene Kapitalüberlassung an das Finanzamt zu betrachten.
In diesem speziellen Fall, der in der Praxis nicht unüblich ist, hat der BFH mit Urteil vom 28. Februar 2018; veröffentlicht am 01.08.2018, den Werbungskostenabzug für die Schuldzinsen, welche mit diesen Erstattungszinsen im Zusammenhang stehen, bestätigt.
Voraussetzungen im vorliegenden BFH Urteil sind:
- dass eine Nachzahlung durch rechtswidrigen Bescheid entstanden ist,
- die nachträgliche Steuerzahlungen fremdfinanziert waren und
- später die Erstattungen verzinst vom Finanzamt zurückgezahlt werden musste.
Das Urteil erging zur Rechtslage bis 2008. Ab dem Veranlagungszeitraum 2009 sind Werbungskosten durch die Änderung in § 20 Abs. 9 EStG bei Zinseinkünften ausgeschlossen. Das BFH-Urteil ist dennoch sehr beachtlich: Der BFH geht auf einen erheblichen zivilrechtlichen Aspekt der erzwungenen Kapitalüberlassung ein, woraus sich auch in der heutigen Rechtlage Ansprüche ableiten lassen. Wir raten bei hohen Zinsaufwendungen, welche Steuererstattungen gegenüberstehen, unbedingt Ihren Steuerberater oder Rechtsanwalt zu konsultieren.