Rechtsunsicherheit bei Verlusten bei Insolvenz oder Liquidation & Zufluss von Kapitaleinkünften

1. Rechtsunsicherheit bei der Realisierung von Verlusten durch den Anteilseigner bei der Insolvenz oder Liquidation von Kapitalgesellschaften

Werden von Ihnen Anteile an Kapitalgesellschaften im Rahmen einer wesentlichen Beteiligung gehalten, können Sie den Verlust aus dem Untergang oder Verkauf dieser Anteile steuerlich mit anderen positiven Einkünften verrechnen. Eine wesentliche Beteiligung im Sinne des § 17 EStG ist eine Beteiligung von mindestens 1% am Stammkapital einer Kapitalgesellschaft.

Beim Verkauf dieser Anteile ist der Realisationszeitpunkt eindeutig aus dem Kaufvertrag ablesbar. Werden die Anteile jedoch bei einer Insolvenz wertlos oder bei der Liquidation aufgelöst, ist regelmäßig strittig, wann die Verluste steuerlich wirksam werden.

Die Rechtslage wäre noch sicher gewesen, wenn man sich konsequent an dem Gesetz orientieren könnte. Danach ist der Verlust realisiert, wenn die Liquidation abgeschlossen ist. Jedoch hat der BFH entschieden, dass ausnahmsweise auch eine frühere Geltendmachung möglich ist, wenn vor Abschluss der Liquidation bereits feststeht, dass die Gesellschafter keine Schlussauskehrung erhalten. Hat das Finanzamt im Nachhinein mehr Erkenntnisse als der Steuerpflichtige bei der Abgabe seiner Steuererklärungen in einem früheren Jahr, kann es dazu kommen, dass die Anerkennung des Verlustes mit der Begründung versagt wird, dass dieser zu spät erklärt wurde.

So entschied das Finanzgericht Köln mit Urteil vom 26.11.2014 im Interesse der Finanzverwaltung. Im vorliegenden Fall erfolgte die Schlussauskehrung im Jahre 2011. Die Verlustverrechnung für das Veranlagungsjahr 2009 hat das Finanzgericht versagt, aber für 2011 ermöglicht. Das Urteil wurde zur Revision beim BFH zugelassen.

In diesem Zusammenhang raten wir, den Verlust aus dem Untergang oder der Liquidation von Anteilen wesentlicher Beteiligungen so früh wie möglich geltend zu machen und abweichende Steuerfestsetzungen offen zu halten, bis der Verlust anerkannt wurde.

 

2. Zufluss von Einkünften aus Kapitalvermögen beim beherrschenden Gesellschafter

Nach den §§ 11 und 20 EStG sind Einkünfte aus Kapitalvermögen im Jahr des Zuflusses zu besteuern. In der Praxis wird unter „Zufluss“ oft die tatsächliche Geldbewegung angenommen. Dies ist jedoch nicht nur bei den Einkünften aus Kapitalvermögen fehleranfällig. Im Zusammenhang mit dem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofes vom 2.12.2014 – VIII R 2/12, veröffentlicht am 18.2.2015, weisen wir darauf hin, dass die Vereinnahmung im Sinne des § 11 EStG vielmehr als „über das Geld verfügen können“ zu verstehen ist.

Bei einem Versicherungsmakler kann die Gutschrift auf dem Provisionsabrufkonto der Gesellschaft oder beim beherrschenden Gesellschafter einer zahlungsfähigen Kapitalgesellschaft bereits bei Beschlussfassung eine Ausschüttung sein.

Versicherungsmakler sollten sich von ihren Gesellschaften Provisionsbescheinigungen ausstellen lassen und diese der Besteuerung zu Grunde legen.

Im zweiten Beispiel besteht für den Gesellschafter regelmäßig ein steuerliches Erklärungsrisiko, wenn die Gesellschaft von einem anderen Steuerberater betreut wird als der Gesellschafter mit seiner persönlichen Einkommensteuererklärung. Bitte händigen Sie deshalb Ihrem Steuerberater nicht nur die Steuerbescheinigungen, sondern regelmäßig auch alle Ausschüttungsbeschlüsse der Kapitalgesellschaft zur Einkommensteuererklärung aus.