1. Ringweise Anteilsveräußerung zur Verlustnutzung grundsätzlich kein Gestaltungsmissbrauch

Gemäß § 17 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn oder Verlust aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war. Gewinn oder Verlust errechnet sich grundsätzlich durch die Gegenüberstellung von Veräußerungserlös abzüglich der Veräußerungskosten und Anschaffungskosten. Dumm ist nur, dass man mit der Verlustnutzung durch Verrechnung mit anderen Einkünften in der Regel warten muss, bis die Anteile tatsächlich verkauft werden. Das kann unter Umständen Jahre dauern oder nie relevant werden. Am 7. 12. 2010 hat der BFH ein höchst interessantes Urteil (IX R 40/09) verkündet. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Das Stammkapital einer GmbH betrug 350.000 EURO. Daran waren 7 Gesellschafter mit je 14,29 % beteiligt. Es handelte sich damit um Beteiligungen i.S.v. § 17 EStG. Aufgrund eines schwierigen Geschäftumfeldes wurden erhebliche Verluste erwirtschaftet. Die Verluste waren natürlich in der GmbH „gefangen“. Um diesen Verlust auf der Gesellschafterebene verrechenbar werden zu lassen, mussten die Anteile verkauft werden. Deshalb veräußerten alle Gesellschafter reihum an einen Mitgesellschafter für 7.500 EUR. Nach den Veräußerungs-und Erwebsvorgängen waren alle Gesellschafter wiederum mit 14,29 %, d. h. mit derselben Beteiligungsquote wie vor den Veräußerungen an der GmbH beteiligt.

Der Kläger in diesem Verfahren realisierte im Zuge des „Bäumchen Wechsel dich Spiels“ einen Veräußerungsverlust in Höhe von 42.500 EUR. Finanzamt und Finanzgericht erkannten diesen Verlust nicht an, weil angeblich ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts § 42 Abs. 1 AO) vorliege. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist ein Gestaltungsmissbrauch dann gegeben, „wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die – gemessen an dem erstrebten Ziel -unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen.“ (Urteil v. 7. 12. 2010,IX R 40/09). Das sah der BFH im zu entscheidenden Fall als nicht gegeben an. Anteilsverkauf und Anteilskauf waren nicht ungewöhnlicher als etwa eine Liquidation der GmbH, die zu genau demselben Ergebnis geführt hätte. Da es aber das Ziel war, durch eine tatsächlich Veräußerung die maßgeblichen gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen, um den inzwischen eingetretenen Wertverlust zu realisieren, sollte auch nicht nur ein formaler Rechtsträgerwechsel eintreten. Der Sanat sah auch keinen Rechtsmissbrauch darin, dass im zeitlichen Zusammenhang Anteile verkauft und gekauft worden waren. Das ist ein gutes Urteil für die Steuerpflichtigen. Es wird für die Finanzverwaltung wieder etwas schwieriger, mit der „großen Keule des § 42 AO“ steuerliche Sachverhaltsgestaltungen zu zerschlagen. Deshalb: nur Mut zur Gestaltung!

2. Beschränkung des Vorsteuerabzugs

Nach dem Netto -Allphasen -Umsatzsteuersystem mit Vorsteuerabzug ist es dem Unternehmer gestattet, die von einem anderen Unternehmer für Lieferungen und sonstige Leistungen für sein Unternehmen in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer von der Umsatzsteuerschuld abzuziehen. Dieser Abzug ist dann ausgeschlossen, wenn und soweit der empfangende Unternehmer umsatzsteuerfreie Lieferungen oder Leistungen erbringt. So darf beispielsweise ein Arzt die ihm von einem Computerlieferanten in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nicht vom Finanzamt fordern, weil er ja für seine ärztlichen Leistungen auch keine Umsatzsteuer an den Patienten berechnet. Es gibt aber immer dann Abgrenzungsprobleme, wenn der Unternehmer zum Teil umsatzsteuerpflichtige und zum Teil umsatzsteuerfreie Lieferungen und Leistungen erbringt.

Grundsätzlich hat die Zuordnung abziehbarer und nicht abziebarer Vorsteuerbesträge gemäß § 15 Abs. 4 UStG nach folgender Prüffolge zu geschehen:

– Besteht ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang der Eingangsrechnung zu einzelnen Ausgangsumsätzen? Entsprechend dem festgestellten Sachverhalt kann die Vorsteuer dann geltend gemacht werden oder nicht. Wenn beispielsweise ein Unternehmer steuerfreie Vermietungsumsätze und gleichzeitig steuerpflichtige Umsätze aus gewerblicher Tätigkeit realisiert, kann sehr schön getrennt werden, weil sich die Lieferantenrechnungen genau dem steuerfreien oder den steuerpflichtigen Teil des Unternehmens zuordnen lassen.

– Besteht ein solcher direkter Zusammenhang aber nicht, so hat die Zuordnung wirtschaftlich zu erfolgen. Diese Fälle führen häufig zu den oben genannte Abgrenzungsproblemen.

Derartige Abgrenzungsprobleme hat der BFH in drei Grundsatzurteilen besprochen:

  1. Ein Unternehmensberater berechnete einem Unternehmen für seine Beratungsleistungen im Zusammenhang mit dem umsatzsteuerfreien Verkauf einer Beteiligung auch Umsatzsteuer. Mit dem Urteil vom 27. Januar 2011, AZ V R 38/09 entschied der BFH, dass der Rechnungsempfänger die Vorsteuern nicht geltend machen darf. Das wird damit begründet, dass ein unmittelbarer Zusammenhang der Beraterleistungen mit dem umsatzsteuerfreien Verkaufserlös aus der Beteiligung erkennbar ist. Es half im besprochenen Recht-streit nicht, dass das beratende Unternehmen neben dem einmaligen Beteiligungsverkauf ausschließlich steuerpflichtige Umsätze tätigte.
  2. Mit dem Urteil vom 9. Dezember 2010, Az. V R 17/10 versagte der BFH den Abzug der anlässlich von Betriebsveranstaltungen anfallenden Vorsteuern. Dies ändert die bisherige Rechtsprechung des BFH, die den Vorsteuerabzug zuließ, auch wenn die Kosten der Betriebsveranstaltung auch privat mitveranlasst waren. Das soll nun nicht mehr gelten. Der BFH führte aus, dass bereits beim Leistungsbezug beabsichtigt war, die Leistung (Betriebsveranstaltung) ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Entnahme i.S. von § 3 Abs. 9a UStG zu verwenden.
  3. Mit dem Urteil vom 13. 1. 2011, AZ V R 12/08 verneinte der BFH den Vorsteuerabzug aus bezogenen Erschließungsleistungen, die ein Unternehmen aufgewendet hatte, obwohl die Kommune zur Erschließung verpflichtet gewesen wäre. Eine Rechnung hatte das Unternehmen an die Kommune nicht gestellt, weil es auf diesem Weg wesentlich unproblematischer die erschlossenen Grundstücke umsatzsteuerpflichtig veräußern wollte. Weil an die Kommune keine Rechnung gestellt worden war, ergab sich auch keine steuerpflichtige Leistung. Deshalb wurde der Vorsteuerabzug aus den Erschießungleistungen der Leistung an die Kommune und nicht den Grundstückslieferungen an die Käufer der Grundstücke zugeordnet. Hierzu heißt es im Urteil, dass ein nur mittelbar verfolgter Zweck unbeachtlich ist.

Es wird aus diesen drei Urteilen ganz deutlich, dass der BFH den unmittelbaren und direkten Zusammenhang ganz eng fasst. Bitte beachten Sie dies, da die Versagung des Vorsteuerabzugs im Nachhinein zu sehr unangenehmen Liquiditätsabflüssen führen kann.