Steuervergünstigungsabbaugesetzes

Derzeit erreichen den Bundesbürger schlechte Wirtschaftsnachrichten in gebündelter Form. Die Quartalszahlen der börsennotierten Unternehmen offenbaren erhebliche Verluste, die weitere Arbeitsplatzverluste in den großen Unternehmen erwarten lassen. Zu ähnlichem werden auch kleine und mittelständische Unternehmen gezwungen sein. Die Steuereinnahmen brechen in der Folge weg. Dies bestätigen die gerade veröffentlichten Steuerschätzungen. Und „zu allem Überfluss verspielt die rot-grüne Bundesregierung mit ihren Steuer- und Abgabeplänen in einer atemberaubenden Geschwindigkeit jenes Vertrauenskapital bei den Bürgern, von dem die wirtschaftliche Entwicklung abhängt“ ( FAZ v. 16. 11. 2002). Der DIHK spricht in der Pressemitteilung vom 20 11. 2002 von einem Programm zur Produktion von Pleiten. Nun hilft alles Jammer nicht. Wir müssen uns, so gut es geht, auf Kommendes einrichten. So weit sich dies heute, Mitte November abschätzen lässt, versuche ich im folgenden solche Pläne des „Steuervergünstigungsabbaugesetzes“ zu skizzieren, die in der Zukunft zu Mehrbelastungen führen können. In wenigen Ausnahmefällen lässt sich die steuerverschärfende Wirkung durch umgehendes, planvolles Handeln noch im laufenden Jahr auch aufschieben. 1. Aufhebung der gewerbesteuerlichen Organschaft Die Möglichkeit, für gewerbesteuerliche Zwecke Gewinne und Verluste innerhalb eines Unternehmensverbundes miteinander zu verrechnen, soll künftig entfallen. Künftig wird es also noch weniger Argumente geben, einen verlustbefangenen Standort aufrecht zu erhalten. Prof. Herzig, der politisch völlig unverdächtig die Regierungsvorschläge beurteilt, erwähnt hierzu, dass „die Abschaffung der gewerbesteuerlichen Organschaft, die einmal zum Schutz der Kommunen konzipiert worden ist, in ein steuerliches Desaster führt“ (DB v. 15. 11. 2002, Heft 46, S. I). 2. Hinzurechnung von Leasingraten zum Gewerbeertrag Wie bereits vom Kurzzeit-Finanzminister Lafontaine geplant, sollen künftig nicht nur 25 % der Zinsen und Mieten, sondern auch der Leasingraten dem Gewerbeergebnis wieder hinzugerechnet werden. Sie sind also in dieser Höhe steuerlich nicht abzugsfähig. Dies berührt natürlich massiv die Leasingbranche, kann aber in Unternehmen, die hoch fremdfinanziert sind und Wirtschaftsgüter gelaest haben, trotzdem zu Gewerbesteuern führen, obwohl Verluste ausgewiesen werden. Damit wird die Substanz des Unternehmens besteuert, also mit der Schlachtung der Kuh, die eigentlich nur gemolken werden soll, begonnen. 3. Begrenzung des Verlustabzuges Geplant ist eine Begrenzung des Verlustabzugs auf 50 % für alle Ertragsteuern. Wenn schon die von Lafontaine eingeführt „Mindestbesteuerung“ für natürliche Personen kaum begründbar ist, so erst recht nicht die Mindestbesteuerung von unternehmerischer Aktivität. Die Verlustverrechnung ist das notwendige Korrektiv, um Härten der Abschnittsbesteuerung auszugleichen. Das Ergebnis eines Unternehmens lässt sich über die Jahre nicht so glätten, wie dies bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit oder aus der Vermietung und Verpachtung die Regel ist. Im unternehmerischen Bereich kommt es deshalb zwangläufig zu Gewinnjahren und leider auch zu Verlustjahren. Der Staat darf sich aber nicht nur am positiven wirtschaftlichen Erfolg beteiligen. Dies verletzt das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. 4. Abschaffung der LIFO-Methode Die im Handel häufig genutzte Bewertungsmethode des LIFO-Verfahrens soll gestrichen werden. Eine der letzten Möglichkeiten, bei steigender Preistendenz im Vorratsvermögen stille Reserven zu bilden, soll entfallen. Dies wird in Erstjahr der Umstellung zu erheblichen Umstellungsgewinnen und damit zu Ertragsteuern führen. Die Gefahr einer Scheingewinnbesteuerung wächst erheblich. 5. Gebäude-AfA wird angepasst Die derzeit möglich AfA von 3 % auf Betriebsgebäude wird auf den allgemein üblichen Satz von 2 % reduziert. Darüber hinaus soll die degressive AfA auf Betriebsgebäude völlig entfallen. Eine noch in diesem Jahr begonnene Herstellung des ohnehin geplanten Gebäudes, z.B. durch eine Bauantragstellung, sichert die alten AfA- Sätze. 6. Erhöhung der Pauschalierung für private PKW-Nutzung Zur Abgeltung der privaten Nutzung des betrieblichen PKW soll der sogenannte geldwerte Vorteil von 1 % auf 1,5 % des Bruttolistenneupreises monatlich versteuert werden. Dies ist eine Erhöhung um 50 % und kann nur durch die Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuches vermieden werden. Mit deren Führung und auch Prüfung werden demnächst viele Menschen beschäftigt sein. Ob das die Arbeitsmarktprobleme löst? 7. Verschärfung der Regelung zum sog. Mantelkauf Die Abzugsfähigkeit von Verlusten, die von einer Kapitalgesellschaft erwirtschaftet wurden, ist bereits jetzt stark eingeschränkt. Als Voraussetzung dafür muss die wirtschaftliche Identität der mit einer Mehrheit erworbenen Kapitalgesellschaft erhalten bleiben. Dies ist derzeit auch dann der Fall, wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem Anteilsübergang nicht überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt wird. Dies soll künftig entfallen. Damit werden Verluste im Rahmen eines Beteiligungserwerbs weitgehend untergehen und betriebswirtschaftlich sinnvolle Restrukturierungsmaßnahmen unmöglich gemacht. 8. Aktivierungspflicht des sogenannten anschaffungsnahen Aufwandes Erst in diesem Jahr hat der Bundesfinanzhof die pauschale Verwaltungsregelung zur Beurteilung von Erhaltungs- bzw. Herstellungsaufwand geändert und an nachvollziehbare, vernünftige Voraussetzungen geknüpft. Für einzelne Steuerpflichtige bedeutet dies, dass sie sofort abziehbare Betriebsausgaben oder Werbungskosten haben. Dies soll nun durch eine Gesetzesänderung wieder rückgängig gemacht werden. Danach gehören zu den Herstellungskosten eines Gebäudes auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. 9. Abschaffung der Vereinfachungsregeln bei der AfA im Anschaffungsjahr Aus Vereinfachungsgründen konnten Unternehmen für neu erworbene bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im ersten Halbjahr angeschafft wurden, die volle Jahres-AfA geltend machen und für Wirtschaftgüter, die im zweiten Halbjahr angeschafft wurden, die halbe Jahres-AfA. Zur Vereinfachung der Besteuerung soll diese sinnvolle Vereinfachungsregel gestrichen werden. Es gilt dann nur noch die sogenannte pro rata temporis AfA, also die Abschreibung ab dem Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsgutes. 10. Nichtanerkennung der Bildung von Jubiläumsrückstellungen Nach geltendem Recht sind unter bestimmten Bedingungen Aufwendungen im Zusammenhang mit Dienstjubiläen gewinnmindernd Rückstellungen zu bilden, da es sich um bereits entstandene Verbindlichkeiten gegenüber Mitarbeitern handelt. Insbesondere Unternehmen mit großen Belegschaften haben erhebliche Beträge für diesen Zweck zurückgestellt. Diese Rückstellungen sollen, verteilt über drei Jahre, aufgelöst werden. Dies wird Gewinnausweise und somit Steuerzahlungen nach sich ziehen. 11. Abschaffung des Abzugs von Aufwendungen für Geschenke als Betriebsausgaben Aufwendungen für Werbegeschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer sind, sind dann steuerlich abzugsfähig, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten je Beschenktem pro Jahr 40,00 Euro nicht übersteigen. Künftig soll die Abzugsfähigkeit völlig gestrichen werden. Ob es jetzt wohl keine Taschenkalender von Lieferanten und von der Bank mehr gibt? 12. Aufhebung der Steuerfreiheit von Sachprämien Sachprämien, die für die persönliche Inanspruchnahme von Dienstleistungen von Unternehmen unentgeltlich gewährt werden (z.B. Bonus-Meilen) sind bisher steuerfrei, soweit sie 1.224 Euro nicht übersteigen. Dieser Freibetrag soll entfallen. 13. Das Körperschaftsteuerguthaben soll verändert ausgezahlt werden. Derzeit führt die Gewinnausschüttung einer Kapitalgesellschaft zu einer Minderung der Körperschaftsteuer um 1/6 des Ausschüttungsbetrages, sofern ein sogenanntes Körperschaftsteuerguthaben vorhanden ist. Es kann sogar zu Erstattungen kommen, wenn keine Körperschaftsteuer zu zahlen wäre und gleichzeitig Gewinne ausgeschüttet werden. Dies soll künftig dadurch verhindert werden, dass die Erstattung des Körperschaftsteuerguthabens einerseits auf die Hälfte der festgesetzten Körperschaftsteuer begrenzt wird und andererseits nur noch 1/7 ausgezahlt werden. Erst im Jahre 2016 fällt die Begrenzung auf die Hälfte der festgesetzten Körperschaftsteuer weg. Dann erst kann ein eventuell vorhandener Rest des Körperschaftsteuerguthabens realisiert werden. Was aber, wenn der in 15 Jahren amtierende Bundesfinanzminister denkt, dass er soviel Körperschaftsteuer nun doch nicht an die Unternehmen zurückerstatten möchte. Eine unbedeutende Korrektur des Gesetzes ließe des Herz des Finanzministers hüpfen. Angeschmiert wären die Unternehmer, die ihren Gewinn im Vertrauen auf die Verlässlichkeit des Gesetzgebers im Unternehmen belassen haben. Neben diesen, zum Teil sehr schmerzhaften Eingriffen des Fiskus, wird es Streichungen von ermäßigten Umsatzsteuersätzen, Verminderungen der ermäßigten Energiesteuersätze für Teile der gewerblichen Wirtschaft, Änderungen der sogenannten Spekulationsbesteuerung im privaten Bereich, Erhöhung der Rentenversicherungsbeiträge sowie bereits vor Sylvester Erhöhungen der Krankenversicherungsbeiträge geben. Von Einsparungen im Haushalt ist dagegen wenig zu vernehmen. Wäre das nicht auch mal eine Überlegung Wert? Sicher können wir wohl nur sein, dass die Abgeordneten Diäten zum 1. 1. 2003 steigen werden. Der Bundeskanzler spricht von einer Nullrunde für seine Minister. Denkt er auch einmal an die Minusrunden, die viele Unternehmer derzeit drehen? Wo sind alle Versprechungen nach Deregulierungen geblieben? Unternehmerisches Handeln ist hierzulande in ein derart enges Korsett geschnürt, dass kaum ein Tag ohne Entscheidungen vergeht, die einer rechtlichen Würdigung bedürfen, sei Arbeits-, Sozial-, Privat-, Steuer- oder sonstiges Recht. Wenn aber die Frage, gegen welche Gesetze man möglicherweise verstößt, alles andere überragt, dann wird risikobehaftetes unternehmerisches Handeln unterbleiben. Das alles fördert nicht die Initiative, auf legale Art und Weise besondere Leistungen im Inland zu erbringen. Es fördert allenfalls die Schwarzarbeit und/oder die Überlegung, Kapital im Ausland gewinnbringend zu investieren. Wenn die Kühe, von denen ich oben bereits gesprochen habe, nicht sofort geschlachtet werden, ihnen aber ein auskömmliches Überleben nicht gesichert wird, werden sie entweder verhungern oder auf fremde Weiden ausweichen müssen.