Tax Compliance, Sanierungserlass & Rechnungsberichtigung

1. Tax Compliance Management System

Die Angaben in Steuererklärungen sind von den Steuerpflichtigen wahrheitsgemäß und vollständig auszufüllen. Dies ist nicht einfach und oft sind steuerrechtliche Sachverhalte zum Zeitpunkt der Erstellung der Erklärung nicht bekannt.

Steuerpflichtige, die Fehler in der bereits abgegebenen Steuererklärung erkennen, also Angaben von ihnen unrichtig oder unvollständig sind, sind verpflichtet, dies unverzüglich anzuzeigen und die erforderliche Richtigstellung vorzunehmen. Diese Verpflichtung trifft auch den Gesamtrechtsnachfolger eines Steuerpflichtigen bzw. für diesen handelnde Personen. Beachten Sie an der Stelle, dass auch ein Erwerber eines Unternehmens als umsatzsteuerlicher Gesamtrechtsnachfolger des Veräußerers, insbesondere bei Vorsteuerabzugsbeträgen, angesehen werden kann.

Die Finanzverwaltung legt dabei das Wort „unverzüglich“ sehr eng aus, und der Fehler darf nicht vorsätzlich in der Erklärung enthalten gewesen sein. Dies unterscheidet die Berichtigung der Steuererklärung von der Selbstanzeige. Hierbei heißt unverzüglich im Sinne des § 121 BGB „ohne schuldhaftes Zögern“.

An dieser Stelle besteht die Gefahr, dass aus einem positiven Wissen um den Fehler in der Steuererklärung die Steuerhinterziehung entstehen kann, wenn der Steuerpflichtige die Fehler billigend in Kauf nimmt bzw. mit der Anzeige wartet.

Das BMF vertritt in seinem Schreiben vom 23. Mai 2016 zum § 153 AO die Auffassung, dass die Implementierung eines innerbetrieblichen Kontrollsystems als Indiz gegen das Vorliegen eines Vorsatzes oder der Leichtfertigkeit sprechen kann, wenn es der Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Steuerpflichtigen dient. Sofern ein funktionierendes Tax Compliance System eingerichtet wurde, ist es dem Veranlagungsbeamten oder dem Außenprüfer eher möglich, auf eine Weiterleitung des Falles an die Steuerfahndung zu verzichten.

Innerbetriebliche Kontrollsysteme wurden bei vielen der Mandanten der Steuerberater eingerichtet, ganz selten sind diese jedoch konkret auf die Einhaltung der steuerlichen Pflichten und Rechte des Unternehmers bzw. Unternehmens gerichtet.

Zur Sicherstellung der fachgerechten Einrichtung und Dokumentation dieser Kontrollsysteme sollten Sie sich an Ihren Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater wenden.

2. Ertragsteuern: Großer Senat des BFH kippt den Sanierungserlass

Es dürfte eine der schlechtesten Nachrichten im deutschen Steuerrecht sein: Der große Senat des BFH sieht im Sanierungserlass des BMF einen Verstoß gegen die Gleichmäßigkeit der Besteuerung (BFH, Beschluss vom 28.11.2016 – GrS 1/15; veröffentlicht am 08.02.2017).

Im Sanierungserlass hat das BMF eine steuerliche „Überlebenschance“ für Unternehmen geregelt, in dem Ertragsteuern auf einen Sanierungsgewinn unter sehr engen Voraussetzungen erlassen werden können.

Dies bedeutet jetzt zwar nicht, dass alle offenen Fälle negativ beschieden werden. Es ist jedoch jetzt damit zu rechnen, dass finanzgerichtliche Verfahren keinen Erfolg mehr haben werden.

3. BFH übernimmt EUGH-Rechtsprechung zur Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung

Wurde in Rechnungen Vorsteuer in Anspruch genommen und stellte sich bei einer späteren Prüfung durch das Finanzamt heraus, dass nicht alle formalen Voraussetzungen vorlagen, musste der Vorsteuerbetrag plus Vollverzinsung von 6 % p.a. an die Finanzverwaltung zurückgezahlt werden. Der Vorsteueranspruch entstand später wieder mit Vorlage der korrekten Rechnung. Somit war der Vorsteueranspruch zu retten, jedoch blieb es beim Zinsschaden.

Entgegen der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung ließ der EUGH eine rückwirkende Rechnungsberichtigung zu. Der BFH übernimmt dies in die eigene Rechtsprechung, wenn die Rechnung berichtigungsfähig ist.

Die Rechnung muss also mindestens Angaben

  • zum Rechnungsaussteller,
  • zum Leistungsempfänger,
  • zur Leistungsbeschreibung,
  • zum Entgelt sowie
  • zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer

    enthalten:

Alle anderen Angaben können somit nachgeholt werden.