Verfahrensdokumentation & Teileinkünfteverfahren
Verfahrensdokumentation – Pflicht oder nicht notwendig?
In den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) werden vom BMF Verfahrensdokumentationen zu unterschiedlichen Bereichen der EDV-gestützten Rechnungswesen Prozesse gefordert.
Diese Ausarbeitungen sollen u. a. Verantwortlichkeiten, Verfahrensabläufe und technische Hilfsmittel bezeichnen, um im Prüfungsfall der Finanzverwaltung einen schnelleren Einblick in steuerrelevante Vorgänge zu ermöglichen. Die Dokumentationen sind innerhalb des Aufbewahrungszeitraumes, um Veränderungen in den Prozessen zu ergänzen.
Bei kleinen Unternehmen reicht meist eine A4 Seite aus, um die notwendigen Abgaben niederzuschreiben. Je größer die Betriebe, desto komplexer werden die Prozesse; die Erstellung kostet dann mehrere Wochen und füllt schnell über hundert Seiten.
Fehlt die Dokumentation, so gilt es im Prüfungsfall als formeller Fehler; bei Steueranmeldungen werden ggf. Steuererstattungen deshalb nicht ausgezahlt.
Ist man in der Praxis vor einem Jahr noch davon ausgegangen, dass die Verfahrensdokumentationen zwingend zu erstellen sind, so baut sich inzwischen Widerstand gegen die den Steuerzahler erheblich belastende Verwaltungsmeinung auf. Ein BMF-Schreiben ist lediglich die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung; es hat keine Gesetzesqualität. Gerichte sind nicht daran gebunden. Konsultieren Sie Ihren steuerlichen Berater, sollte die Verwaltung die Verfahrensdokumentation anfordern. Diese wird von keinem Gesetz vorausgesetzt.
Präventiv-Antrag auf Teileinkünfteverfahren stellen
Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft, für die der Gesellschafter tätig und an der Gesellschaft zu mind. 10 % beteiligt ist, können auf Antrag nach dem Teileinkünfteverfahren besteuert werden. Dies bedeutet, die Einkünfte werden nicht mit der Abgeltungssteuer (ca. 26,5 % auf 100 % der Einnahmen) sondern ermäßigt mit dem persönlichen Steuersatz auf 60 % der Einnahmen, besteuert. Es bleiben somit 40 % der Einnahmen steuerfrei.
Der Antrag auf Besteuerung nach diesem Verfahren ist mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung zu stellen. Dies ist in dem Fall eine Ausschlussfrist. Ist der Antrag nicht gestellt, kann er nicht nachgeholt werden.
In der Praxis prüfen Sie oder Ihr steuerlicher Berater regelmäßig bei der Erstellung der Steuererklärung, welche Besteuerungsform günstiger ist.
Diese Prüfung kann jedoch nur erfolgen, wenn Sie tatsächlich Einnahmen aus offenen Gewinnausschüttungen erzielt haben.
Einkünfte aus Kapitalvermögen sind jedoch auch verdeckte Gewinnausschüttungen, welche in den meisten Fällen erst nachträglich, also nach Abgabe der Steuererklärungen festgestellt werden. So erfolgt beispielsweise in der Gesellschaft eine steuerliche Umqualifizierung von Betriebsausgaben, welche im Gesellschaftsverhältnis begründet sind, zu Gewinnausschüttungen.
Obwohl es nicht im Sinne des Gesetzgebers gewesen sein kann, hier eine benachteiligende Sperrwirkung durch die Abgabe der Steuererklärung auszulösen, wurde die den Steuerpflichtigen unterstützende Finanzgerichtsansicht durch den BFH mit Urteil vom 14.5.2019 – VIII R 20/16 aufgehoben. Die Finanzverwaltung wendet das Urteil in allen offenen Fällen durch die Veröffentlichung am 22.8.2019 an.
Fazit: Klären Sie mit Ihrem steuerlichen Berater sorgfältig ab, ob auch ohne Vorliegen von offenen Gewinnausschüttungen präventiv der Antrag auf Teileinkünfteverfahren gestellt werden sollte. Dies ist u. a. von der Höhe der anderen Einkünfte abhängig.