Nachweispflichten für innergemeinschaftliche Lieferungen und Ausfuhrlieferungen
Der DIHK weist mit seinem Rundschreiben vom 11.09.2009 auf eine interessante Folge von BFH-Urteilen zu Nachweispflichten bei innergemeinschaftlichen Lieferungen und Ausführlieferungen hin, die ich an dieser Stelle gern aufgreife.
Jeder Unternehmer, der Waren ins Ausland liefert, weiß, dass umfangreiche Nachweise darüber zu erbringen sind, dass die Ware tatsächlich ins Ausland gelangt ist. Die Anforderungen sind beschrieben in den § 17a und 17c UStDV bzw. §§ 8 – 13 UStDV. Bereits dann, wenn nur wenige Nachweise fehlen, droht die Versagung der Steuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 1a und b UStG. Das bedeutet, dass die Finanzverwaltung aus dem gezahlten Betrag die gesetzliche Umsatzsteuer, derzeit 19 %, herausrechnet und veranlagt. Da sich das kein Unternehmen leisten kann, werden die Ausfuhrnachweise in der Regel mit großer Sorgfalt zusammengestellt, um sie einem Prüfer des Finanzamtes gegebenenfalls vorlegen zu können. Dabei gab es oft jedoch Schwierigkeiten, weil die Verwaltungsanweisungen des BMF zur Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen und Leistungen Anforderungen enthalten, die über diejenigen des Gesetzgebers hinaus gehen. Diese hat der Bundesfinanzhof in seinen Entscheidungen vom 23. 04.2009 (Az. V R 84/07) und vom 12.05.2009 (Az. V R 65/06) wieder kassiert.
Der BFH fordert abgestufte Nachweispflichten:
Wenn sich bei der Überprüfung der Nachweisangaben zur Ausfuhr der jeweiligen Wirtschaftsgüter Unrichtigkeiten oder zumindest begründete Zweifel ergeben, muss der Unternehmer nachweisen, dass die Voraussetzung für die Steuerbefreiung tatsächlich erfüllt ist. Kann er dies nicht, bleibt nur die Berufung auf die Vertrauensschutzregel nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG.
In seinem Urteil vom 12.05.2009 führt der BFH darüber hinaus, dass für die Fälle, in denen eine Spedition mit dem Transport beauftragt wurde, der Nachweis der Versendung auch durch einen sogenannten CMR-Frachtbrief geführt werden kann. Für nicht erforderlich hält er, dass der Frachtbrief die im Feld 24 vorgesehene Empfangsbestätigung enthält.
Die dort vorgesehene Unterschrift wird im BMF-Schreiben vom 6. Januar 2009 aber als zwingende Voraussetzung für einen ordnungsgemäßen Belegnachweis gefordert.
Darüber hinaus stellt der BFH fest, dass in Abholfällen die Bevollmächtigung des Abholers durch den Abnehmer nicht belegmäßig nachgewiesen werden muss. Auch in diesem Punkt widerspricht der BFH ausdrücklich der Auffassung der Finanzverwaltung, weil im § 17 a UStDV die Verpflichtung zum Nachweis einer Vollmacht nicht aufgeführt wurde. Demnach ist es erforderlich, dass die Nachprüfbarkeit der Abholberechtigung bei Vorliegen konkreter Zweifel gewährleistet sein muss.
Der BFH klärt in seinem Urteil vom 28. Mai 2009 (Rz V R 23/08) darüber hinaus auch, bis zu welchem Zeitpunkt der Unternehmer den Nachweis der Ausfuhr zu erbringen hat. Grundsätzlich ist dies bis zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung möglich zu machen. Ergänzungen sind bis zum Schluss einer eventuellen letzten mündlichen Verhandlung möglich. Ein vollständig fehlender Buchnachweis kann nachträglich nicht nachgeholt werden.
Da die Finanzverwaltung BMF-Schreiben zu beachten hat, wird es interessant sein, wie sie auf die Entscheidungen des höchsten Gerichts in Steuersachen reagiert.
Festlegung neuer Größenklassen gemäß § 3 BpO zum 1. Januar 2010
Zum 1.1.2010 werden die Größenmerkmale gemäß § 3 BpO neu definiert.
Um hier nicht eine zu umfangreiche Tabelle abdrucken zu müssen, verweise ich auf das BMF-Schreiben vom 20.8.2009-IVA4-S1450/08/10/001. Ihm können Sie entnehmen, in welche Betriebsgrößenklasse Ihr Unternehmen fällt und mit welcher Prüfungshäufigkeit Sie demzufolge rechnen müssen.
Ob die an sich zulässige Prüfung dann tatsächlich stattfindet, in welchem Umfang und mit welcher Intensität sie durchgeführt werden soll, ob die Aufklärung nicht besser an Amtsstelle oder durch Einzelermittlung nach § 93 ff. erfolgt, darf die Finanzbehörde nach ihrem Ermessen entscheiden. Im § 4 BpO heißt es: „Die Finanzbehörde bestimmt den Umfang der Außenprüfung nach ihrem Ermessen. Bei Großbetrieben soll der Prüfungszeitraum an den vorhergehenden Prüfungszeitraum anschließen. Bei anderen Betrieben soll der Prüfungszeitraum in der Regel nicht mehr als drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume umfassen.“
Bewertung steuerpflichtiger Einnahmen, die nicht in Geld bestehen
Gemäß § 8 EStG umfassen Einnahmen alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer bestimmten Einkommensart zufließen. § 8 Abs. 3 EStG konkretisiert dies. Wenn ein Arbeitnehmer aufgrund seines Dienstverhältnisses nicht pauschal versteuerte Waren oder Dienstleistungen erhält, gelten als deren Werte die um 4 % geminderten Endpreise, zu denen der Arbeitgeber oder der dem Abgabeort nächst ansässige Abnehmer die Waren oder Dienstleistungen im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet.
Um die Definition dieses Wertes ging es in dem interessanten Urteil des BFH vom 17.6.2009VIR18/07 (veröffentlicht am 26.8.2009). Der Arbeitnehmer eines Automobilherstellers hatte von seinem Arbeitgeber einen Neuwagen zu einem bestimmten Kaufpreis erworben. Der geldwerte Vorteil wurde genau nach den eben zitierten Regeln aus der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers abgeleitet.
Diese Vorgehensweise wurde vom BFH kassiert. Er führt aus, dass die unverbindliche Preisempfehlung des Kfz-Herstellers den Angebotspreis unzutreffend wiedergäbe. Ausgangsgröße der Ermittlung des geldwerten, lohnsteuerrechtlich erheblichen, durch einen Personalrabatt veranlassten Vorteils ist nämlich der Endpreis, zu dem das fragliche Fahrzeug fremden Letztverbraucher im allgemeinen Geschäftsverkehr angeboten wird, also der Angebotspreis. Der Endpreis im Sinne des § 8 Abs. 3 EStG ist grundsätzlich der nach Preisangabenverordnung ausgewiesene, rabattunabhängige Preis. Es ist aber kein typisierter und pauschalierter Wert, wie etwa der „inländische Listenpreis“. Er gilt daher nur dann, wenn nicht nach den Gepflogenheiten im allgemeinen Geschäftsverkehr tatsächlich ein niedriger Wert gefordert wird. So ist dies jedoch im hier verhandelten Fall geschehen. Der Kläger konnte nachweisen, dass die unverbindliche Preisempfehlung im Streitjahr in aller Regel nicht der Preis war, zu dem Fahrzeuge im allgemeinen Geschäftsverkehr angeboten wurden. Es galt allen Beteiligten als unstreitig, dass Autokäufern auf die unverbindliche Preisempfehlung des Automobilherstellers ein Preisnachlass in Höhe von 8 % gewährt worden war. Dies definiert den so genannten „angebotenen Endpreis“ im Sinne des von § 8 Abs. 3 EStG. Denn zu dem um 8 % verminderten Preis der unverbindlichen Empfehlung wurde das fragliche Fahrzeug im allgemeinen Geschäftsverkehr angeboten. Damit ist dieser Wert auch die Basis für die Berechnung des geldwerten Vorteils.
Dieses Urteil enthält über den besprochenen Sachverhalt hinaus eine durchaus beachtliche Klarstellung. Wenn also im Rahmen eines Dienstverhältnisses Waren oder Dienstleistungen verbilligt an den Arbeitnehmer abgegeben werden, ist es nicht jeweils ein so genannter Listenpreis, von dem der geldwerte Vorteil aus berechnet wird, sondern immer der Wert, den fremde Letztverbraucher im allgemeinen Geschäftsverkehr tatsächlich bezahlen.